Regionalgruppe Köln

Die Nationale Wasserstrategie

27. Januar 2023 | Agger, Energiewende, Flüsse & Gewässer

Eine Inhaltsübersicht und ein konkretes Agger-Beispiel.

Ein Mädchen schlägt ein Rad am Rheinstrand. Im Hintergund sieht man den Kölner Dom. Dieses Mädchen am Rhein bei Niedrigwasser hat Anspruch auf eine Nationale Wasserstrategie, die ihre Zukunft sichert.  (Friedrich Meyer)

In Kürze wird die Bundesregierung die Nationale Wasserstrategie verabschieden. Der Entwurf ist zwar zwischen den einzelnen Ressorts abgestimmt, den Bundesländern und den Verbänden wird aber noch zur Stellungnahme Gelegenheit gegeben. Zwar ist die Umsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes und mithin der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) Ländersache, aber nicht zuletzt für die Förderprogramme des Bundes, wie das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, ist die Nationale Wasserstrategie von enormer Bedeutung. Der Bund ist auch insofern involviert, als bei Nichterreichen der zwischen den europäischen Ländern vertraglich festgelegten Ziele der EU-WRRL bis 2027 der Bund und nicht die Länder mit Strafzahlungen wegen Vertragsverletzung zu rechnen hat.  

Die Nationale Wasserstrategie gliedert sich in drei Bereiche:

I. Motivation und Grundlagen der Nationalen Wasserstrategie

In der Nationalen Wasserstrategie werden Vision und Mission 2050 für den langfristigen und dauerhaften Schutz des Wassers als Lebensraum und als zentrales Element für viele Ökosysteme als wichtige Aufgabe unserer Gesellschaft aufgezeigt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden Klimakrise, weltweit knapper werdenden Wasserressourcen und der zu erhaltenden Kohlenstoff-Speicherfunktion von Feuchtgebieten. (Seite 11 ff.)

"Die Gewässer müssen daher so bewirtschaftet werden, dass ihre Funktionsfähigkeit und Widerstandskraft erhalten bleiben und nach Möglichkeit verbessert, wiederhergestellt und, wo erreicht, langfristig gesichert werden. Das betrifft u. a. einen naturnahen Wasserhaushalt und natürlichere Strukturen. Die Auswirkungen der Klimakrise und die Erfordernisse zum Schutz der Biodiversität müssen zwingend berücksichtigt werden. Das erfordert einen stärker integrativen und systemischen Ansatz für die Gewässerbewirtschaftung. Dieser muss die Lebensraumfunktionen mit den unterschiedlichen für den Menschen erforderlichen oder von ihm gewünschten Nutzungen in Einklang bringen, unter sich dynamisch ändernden Rahmenbedingungen."

II. Das ist zu tun - zehn strategische Themen: Herausforderungen, Vision und Transformation zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft  

Die strategischen Themen werden jeweils strukturiert in Basisinformationen - Was sind die Herausforderungen? - Vision 2050 - Was ist dafür zu tun? Dabei werden zentrale Themen wie etwa das Hochwasserrisikomanagement, die Vorsorge gegen Trockenheit oder die Gewährleistung eines guten Zustands der Gewässer sowie der wasserwirtschaftlichen Daseinsvorsorge unter verschiedenen strategischen Themen aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven angesprochen:

1. Den naturnahen Wasserhaushalt schützen, wiederherstellen und dauerhaft sichern - Wasserknappheit und Zielkonflikten vorbeugen

2. Gewässerverträgliche und klimaangepasste Flächennutzung im ländlichen und urbanen Raum realisieren

3. Nachhaltige Gewässerbewirtschaftung weiterentwickeln - guten Zustand erreichen und sichern

4. Risiken durch Stoffeinträge begrenzen

5. Wasserinfrastrukturen klimaangepasst weiterentwickeln - vor Extremereignissen schützen und Versorgung gewährleisten

6. Wasser-, Energie- und Stoffkreisläufe verbinden

7. Leistungsfähige Verwaltungen stärken, Datenflüsse verbessern, Ordnungsrahmen optimieren und Finanzierung sichern

8. Meeresgebiete (Nord- und Ostsee) intensiver vor stofflichen Einträgen vom Land schützen

9. Bewusstsein für die Ressource Wasser stärken

10. Gemeinsam die globalen Wasserressourcen nachhaltig schützen

III. Aktionsprogramm Wasser

Hier werden in einer Übersicht entsprechend der strategischen Themen 78 Vorschläge für Maßnahmen und Aktionen zusammengefasst, die der Operationalisierung der Nationalen Wasserstrategie dienen. Diese sind auf das Jahr 2030 fokussiert.

Ein Beispiel mit Agger-Bezug

In Vorschlag / Maßnahme Nr. 46) heißt es:             

"Wasserkraft gewässerschonend gestalten

Der Betrieb von Wasserkraftanlagen trägt dazu bei, dass die Bewirtschaftungsziele nach der Wasserrahmenrichtlinie in Deutschland noch nicht erreicht werden. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang die Vielzahl kleiner Wasserkraftanlagen, die jedoch nur minimalen Anteil an der Bruttostromerzeugung in Deutschland haben. Gemeinsam mit den Ländern werden mögliche Maßnahmen im Bereich der Wasserkraft geprüft, die zur Verbesserung der gesamtökologischen Situation an Fließgewässern in Deutschland insbesondere im Hinblick auf die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie beitragen. Besonderes Augenmerk gilt dabei der ökologischen Durchgängigkeit für Organismen und Sedimente, einschließlich des Fischschutzes. Dazu gehören u.a. Schritte zur konsequenten Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen (§§ 33ff WHG) - insbesondere bei vorhandenen Wasserkraftnutzungen - im Vollzug sowie zum Rückbau von Anlagen. Einen Anreiz zur Umsetzung von Maßnahmen könnten Landesfördermittel für die ökologische Sanierung und den Rückbau von Wasserkraftanlagen haben, die auch an Private vergeben werden können."

Die Lektüre solcher Vorschläge erzeugen bei Aggerfreund*innen natürlich Glücksmomente. Die sechs Wasserkraftanlagen in der Agger gehören zu den angesprochenen Kleinwasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung unter 1000 kW. Hier heißt es in den Basisinformationen, dass diese mit ca. 90% den Anlagenbestand in Deutschland dominieren, jedoch nur 15% des Stroms der gesamten Wasserkraftsparte generieren. Außer der Feststellung der Bundesländer, dass die Wasserkraft an 33% der Fließgewässer bzw. 45000 km Fließstrecke als signifikante Belastung eingestuft wird, ist folgende Feststellung wichtig: Je geringer der Stromertrag einer Wasserkraftanlage ist, desto ungünstiger stellt sich das Verhältnis zwischen Kosten der erforderlichen gewässerökologischen Entwicklungsmaßnahmen (insbesondere §§ 33-35 WHG) und dem Ertrag der Anlage dar. (Seite 44 Nationale Wasserstrategie)

Im Klartext bedeutet dies: Das Beispiel 46, - Wasserkraft gewässerschonend gestalten - heißt für die Agger: Ausstieg aus der Wasserkraft - für eine frei fließende Agger. Die gewässerökologischen Maßnahmen an der Agger wie die Mindestwasserführung in das "Alte Aggerbett am Wehr Drei Türme" an der Stauanlage Ehreshoven I, die Wanderhilfen für die Durchgängigkeit sowie für den Fischschutz wären teurer, als der Kaufpreis der Anlagen durch die Aggerkraftwerke GmbH & CO.KG und der zwischenzeitlich getätigten Investitionen, vor allem für das neue Wehr Ohl-Grünscheid und die neuen Turbinen. Angesichts der Tatsache, dass diese gewässerökoloschen Maßnahmen die Schäden an der Agger bei weitem nicht aufheben können, liegt es nahe, dass das Land NRW mit dem Betreiber in Verhandlungen über die Ablöse der Staurechte, Restlaufzeit der Wasserkraftanlagen und die Niederlegung der Stauanlagen tritt. Diesem Thema sollte sich auch der NRW-Umweltminister Oliver Krischer widmen, dem der NRW-Landtag gerade am 25. Januar im Rahmen des Antrages der Fraktion von CDU und Grünen "Schutz der Biodiversität in NRW - global denken und lokal handeln." beauftragt hat, "darzustellen, welches die zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) wichtigsten Maßnahmen zur Wiederherstellung frei fließender Gewässer oder zum Hochwasserschutz sind und mittelfristig umgesetzt werden sollen."

Fazit: Die Lektüre der Nationalen Wasserstrategie ist hilfreich und erfreulich.

ZUM BMUV-Entwurf Nationale Wasserstrategie

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