Regionalgruppe Köln

Die Äschen sind wieder da!

21. Juli 2023 | Agger, Flüsse & Gewässer, Kreisgruppe Oberberg, Lebensräume, Naturschutz

Nach der Niederlegung des Staus Ohl-Grünscheid im Herbst 2019 wurden die renaturierten Lebensräume angenommen.

Mehrere kleine Äschen wurden in ihrem wiedergewonnenen Lebensraum gefangen. Vorsichtig wurden sie wieder zurückgesetzt. Mehrere kleine Äschen wurden in ihrem wiedergewonnenen Lebensraum gefangen. Vorsichtig wurden sie wieder zurückgesetzt.  (Marek Humpfle)

Die Äsche kam in der Oberen Agger ab dem Wehr Ehreshoven I nur in einem Restbestand in der Strecke um das Engelskirchener Rathaus vor.  Die Hoffnung war, dass sich durch die Niederlegung des Staus Ohl-Grünscheid im Herbst 2019 und damit der Bildung eines geeigneten Äschenhabitats der Lebensraum der Äsche wieder vergrößern würde. Da bislang durch die Landesanstalt für Natur-, Umwelt-, und Verbraucherschutz NRW in diesem wieder Fluss gewordenen Gebiet keine Elektrobefischungen durchgeführt wurden, schaffte sich die NABU-Ortsgruppe Engelskirchen eine Unterwasserkamera an.  Aktive von NABU und BUND konnten damit Äschen an Stellen aufnehmen, die Marek, ein Fliegenfischer, der zufällig auch anwesend war, aus Erfahrung kannte. Er hatte als Gastangler unterhalb des Wehres Ohl-Grünscheid schon mehrere Äschen bis zu einer Größe von 25 cm gefangen, einige auch fotografiert und sie behutsam wieder zurückgesetzt. Die Äsche ist in NRW ganzjährig geschützt. Sie steht im Bergischen Land auf der Vorwarnliste der Roten LIste NRW und ist in der Kategorie "gefährdet" eingeordnet.

Der Nachweis der Äsche durch Erscheinen auf dem Monitor der Unterwasserkamera löste allgemeine Freude aus. Die Agger in Engelskirchen gehört zu der sogenannten Äschenregion. Die Äsche braucht Wandermöglichkeiten und einen vielfältig strukturierten Fluss, sonst ist sie leichte Beute des Kormorans. Diese Voraussetzungen wurden durch die frei fließende Agger im Gebiet der niedergelegten Stauanlage geschaffen. Vom Wehr Haus Ley in Ründeroth bis zum Stau Ehreshoven I in Engelskirchen Loope hat die Äsche jetzt wieder ihren Lebensraum.

Die Stauanlage Ohl-Grünscheid ist bereits Naturschutzgebiet. Ein Grund dafür ist die Weichholzaue unterhalb der Siedlung Engelskirchen Steeg auf der südlichen Seite der Agger. Diese Aue konnte sich durch die Stauabsenkung in Richtung Loope erweitern. Gleichzeitig entstand auf der nördlichen Seite eine neue Aue mit reichhaltiger Vegetation (Bilder im Anhang).

Aktuell hat die Bundesregierung mit ihrem "Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz" finanzielle Mittel für die Renaturierung von Auen bereitgestellt. Die Renaturierung des niedergelassenen Staus Ohl-Grünscheid ist prädestiniert für eine solche Maßnahme. Eine Aue, die Kohlendioxyd speichert und Biodiversität fördert ist wertvoller als ein Stau für die Nutzung der Wasserkraft, der Methan produziert, erst recht, wenn wieder angestaut würde und durch die dann verfaulende Vegetation, die sich zwischenzeitlich gebildet hat, unter Wasser massenhaft Methan entstehen würde.

Dass sich die Aue seit der Niederlegung im Herbst 2019 so prächtig entwickeln konnte, liegt daran, dass das alte marode Wehr zwischenzeitlich zwar erneuert wurde, aber nicht geschlossen werden darf. Die Inbetriebnahme ist abhängig vom Abschluss der Sicherheitsüberprüfung, die auch die Berechnung eines Niederschlag-Abfluss-Modells verlangt. Mit dieser Modellberechnung sämtlicher Wasserströme im Aggereinzugsgebiet, inklusive in der Kanalisation, soll u.a. prognostiziert werden, was im Falle von Starkregenereignissen, wie vor zwei Jahren an der Ahr und der Erft, mit der Stauanlage passieren würde. Diese Berechnung ist kompliziert, ihre Fertigstellung zieht sich seit Jahren hin. Unabhängig von dem Ergebnis dieser Modellrechnung sollte in jedem Fall kein Wiederaufstau erfolgen. Dieser würde nämlich die Renaturierung, den entstandenen Auwald, den Lebensraum der Äsche und anderer aquatischen Lebewesen und die jetzt endlich vorhandene Durchgängigkeit wieder zerstören.                                                                    

Das Problem ist, dass der Betreiber, die Aggerkraftwerke GmbH & Co.KG, ein unbefristetes altes Wasserrecht zum Anstau des Flusses besitzen. Gleichzeitig unterliegt die Anlage aber auch dem Wasserhaushaltsgesetz. Die Durchgängigkeit der Agger muss wiederherstellt werden. Dies aber nur, wenn der Betreiber von der Bezirksregierung Köln einen diesbezüglichen Bescheid erhält. Dies ist aber bislang nicht erfolgt. Die Bezirksregierung hatte wohl die Einschätzung, dass der Betreiber sein Geschäft aufgibt, wenn er erkennt, was für Kosten auf ihn zukommen. Damit hätte sich die Behörde eine rechtliche Auseinandersetzung, die Fachkräfte verlangt, gespart.

Nunmehr ist zeitnah die Landesregierung gefragt. Umweltminister Oliver Krischer muss den Lebensraum an der Agger retten und dem Betreiber ein faires Angebot zum Erwerb von dessen Staurecht machen. Vom Umwelt- und Verkehrsminister (!) kann verlangt werden: "Kein Stau in Ohl-Grünscheid". Damit würde Krischer im Sinne der Nationalen Wasserstrategie, die von der Bundesregierung im März verabschiedet worden ist, handeln. Hier wird hinsichtlich der Kleinen Wasserkraft bis 1000 Kilowatt installierter Leistung, worunter die Anlagen in Engelkirchen zählen, ausdrücklich auf die Möglichkeit und die Förderung des Rückbaus dieser Anlagen wegen ihrer negativen Auswirkung auf die Flussökologie verwiese

Unter folgendem Link:
Ein Videos einer Äsche, welches mit einer Unterwasserkamera gefilmt wurde. Vielen Dank dafür an den NABU Engelskirchen. Download (7,5 MB)

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