Regionalgruppe Köln

NRW-Landesregierung beschließt Stillstand an der Agger

22. Dezember 2021 | Agger, Energiewende, Flüsse & Gewässer, Kreisgruppe Oberberg, Nachhaltigkeit, Naturschutz

3. Bewirtschaftungsplan veröffentlicht

Bauelemente für das neue Stahlwehr in Ohl-Grünscheid. Ein Wiederaufstau der Stauanlage darf erst nach abgeschlossener Sicherheitsüberprüfung erfolgen. Diese sollte 2016 abgeschlossen sein und zieht sich weiter hin. Bauelemente für das neue Stahlwehr in Ohl-Grünscheid. Ein Wiederaufstau der Stauanlage darf erst nach abgeschlossener Sicherheitsüberprüfung erfolgen. Diese sollte 2016 abgeschlossen sein und zieht sich weiter hin.  (Friedrich Meyer)

Die schlimmsten Befürchtungen der Naturschutzverbände Nordrhein-Westfalens hat die  Landesregierung bei der Veröffentlichung des 3. Bewirtschaftungsplans 2022 bis 2027 übertroffen. Im Juni haben die Naturschutzverbände zum Entwurf des 3. Bewirtschaftungsplans für Nordrhein-Westfalen, in dem die Verbesserungsmaßnahmen nach Wasserhaushaltsgesetz zusammengefasst sind, ihre Stellungnahme abgegeben. Darin enthalten auch die Stellungnahme für die Obere Agger von Friedrich Meyer, Wassernetz NRW Flussgebietskoordinator für die Agger. Er hat darauf hingewiesen, dass die im Wasserhaushaltsgesetz vorgegebenen Maßnahmen, Mindestwasserführung, Durchgängigkeit und Fischschutz, die seit Jahren von dem Betreiber von der Bezirksregierung Köln hätten eingefordert werden müssen, nicht vorankommen. Die Begründung der Bezirksregierung war, dass der Betreiber der Wasserkraftanlagen erst einmal im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung entscheiden muss, ob sich nach Maßgabe der anstehenden Investitionen der Weiterbetrieb überhaupt lohnt. Dieser Prozess sollte 2016 beendet sein, ist es aber immer noch nicht. Zwischenzeitlich haben die Aggerkraftwerke GmbH & Co.KG in ein neues Stahlwehr ((Bild) investiert, so das Argument der Bezirksregierung entfallen ist.

Der 3. Bewirtschaftungsplan von 2022 bis 2027 hat nunmehr die Ziele für die Umsetzung der Maßnahmen in weite Ferne gerückt. So sollte die Mindestwasserführung nach dem geltenden Bewirtschaftungsplan 2018 schon umgesetzt worden sein. Das hätte bedeutet, dass der Wasserkraftbetreiber, die Bayrische Aggerkraftwerke GmbH &Co.KG, genügend Wasser in das alte Aggerbett in Ehreshoven aus dem Stau Ehreshoven I hätte abgeben müssen. Dann hätten wieder Lachse in den ca. 2,6 km langen Flussabschnitt gelangen um dort Laichen zu können. Nunmehr ist die Umsetzung dieser Maßnahme, die die Gremien des Rates der Gemeinde Engelskirchen seit 2014 wiederholt angemahnt haben, bis zum Jahr 2033 aufgeschoben worden.

Bei der Durchgängigkeit, die so lange Wasserkraftnutzung betrieben wird, durch Fischtreppen nur sehr unzulänglich hergestellt werden kann, war im 2. Bewirtschaftungsplan vorgesehen, dass bis Ende 2024 diese hergestellt worden sein muss. Dieser Termin ist nunmehr auf 2039 verschoben worden. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, auf die sich im Jahre 2000 die europäischen Staaten geeinigt hatten und die die Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes ist, sah vor , dass bis Ende 2027 alle Maßnahmen zur Erreichung eines guten Zustandes der Gewässer abgeschlossen sein müssen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung setzt sich darüber hinweg, was natürlich auch daran liegt, dass sie bislang zutiefst unambitioniert war. Aufgabe der Naturschutzverbände wird deshalb sein, bei der EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einzufordern.

Weshalb die NRW-Landesregierung den Stillstand beschließt, dazu findet sich in dem Bewirtschaftungsplan eine klare Aussage: "Zudem wurden in Abstimmung mit den Maßnahmeträgern Maßnahmefristen korrigiert ..." Mit anderen Worten, der Maßnahmeträger, die Aggerkraftwerke GmbH & Co.KG, hat den Beteiligungsprozess genutzt und der Landesregierung gesagt, dass er nicht, wie im Entwurf vorgesehen, bis 2024 die Maßnahmen umgesetzt haben will, weil das an seinen Gewinn geht. Er will lieber bis Ende der dreißiger Jahre ungestört die von den Bürgern subventionierten hohen Erstattungen für seinen Strom genießen. Dieses Argument war für die NRW-Landesregiering ausschlaggebender als die Argumente der NRW-Naturschutzverbände.

Wir unterstützen das Ziel der neuen Bundesregierung, bis 2030 Strom zu 80% aus regenerativer Energie zu erzeugen. Erreicht werden kann dies nur durch Windkraft und Fotovoltaik, die sich kostenmäßig und technologisch erfreulich entwickelt haben. Die kleine Wasserkraft, wie an der Agger, trägt dazu einen sehr unmaßgeblichen Anteil bei und ist zu teuer. Die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes, Mindestwasserführung, Durchgängigkeit und Fischschutz, sind an der Agger betriebswirtschaftlich nicht darstellbar. Außerdem verstößt die Verschiebung der Maßnahmen bis Ende der dreißiger Jahre gegen Europäisches Recht. Ein Rückbau der den Lebensraum Agger zerstörenden Staustufen mit öffentlicher Unterstützung ist im Hinblick auf eine Wiedergewinnung von Artenvielfalt in der Agger und den wieder zu gewinnenden Auen, sowie dem Hochwasserschutz dem Status quo vorzuziehen.

Im Mai nächsten Jahres sind Landtagswahlen. Das Wassernetz NRW der Naturschutzverbände hofft auf eine Landesregierung, die biologische Vielfalt in den Gewässern wertschätzt, Naturschutz ernst nimmt und den grausamen 3. Bewirtschaftungsplan korrigiert.

Kontakt: Friedrich Meyer, Wassernetz NRW Flussgebietskoordinator für die Agger, efmeyer(at)gmx.de, Tel.: 02263 951224

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