Regionalgruppe Köln

Umgang mit dem Löschwasser nach der Explosion bei Currenta am 27.7.2021

14. Februar 2022 | Chemie, Flüsse & Gewässer, Nachhaltigkeit

Ein Fall für den Staatsanwalt und die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR).

Der Currenta - Chempark vom Rhein aus gesehen - täglich fließen von hier aus ca. 140.000 Kubikmeter behandeltes Abwasser in den Fluss, im Jahr über 50 Millionen, in etwa soviel, wie die ganze Stadt Köln an Trinkwasser gebraucht. Der Currenta - Chempark vom Rhein aus gesehen - täglich fließen von hier aus ca. 140.000 Kubikmeter behandeltes Abwasser in den Fluss, im Jahr über 50 Millionen, in etwa soviel, wie die ganze Stadt Köln an Trinkwasser gebraucht.  (Paul Kröfges)

Der BUND NRW hat am 17.1.2022 Strafanzeige gegen die Fa. Currenta und die Bezirksregierung Köln gestellt – siehe hierzu die PM auf der BUND NRW- Seite.

Mittlerweile wurden zum Sachverhalt umfassende Berichte an den Umweltausschuss des Landtages gerichtet und auch die IKSR befasst sich am 17.2.22 mit dem Ereignis. Es geht um die Fehler, die mit dem extrem verunreinigten Löschwasser beim Auffangen,  bei der Ableitung in den Rhein über die Kläranlage und bei der Kommunikation mit der Öffentlichkeit und den Rheinanlieger, besonders den Niederländern,  begangen wurden.

Paul Kröfges, der Vertreter des BUND NRW bei der IKSR, hat folgende Feststellungen und Stellungnahme an die IKSR übermittelt:

1. Erst am 17.12.21 wurde durch einen Bericht des WDR bekannt, das vom 28.7. bis zum 30.7.21 eine Einleitung des kontaminierten Ereigniswasser via Kläranlage in den Rhein erfolgte und es hierdurch u.a. zu hohen Insektizid-Belastungen (Clothianidin) im Ablauf der Kläranlage kam. Vorher wurde mehrfach sowohl von Currenta als auch von der Umweltministerin (MULNV) behauptet, dass es keine Einleitung in die Kläranlage als auch nicht in den Rhein gegeben habe, so im 2. Bericht der Landesregierung an den NRW Landtag vom 6.8.2021.

2. Es fielen bei der Brandbekämpfung am 27.7.21 5250 cbm Ereigniswasser (kontaminiertes Löschwasser) an, die nicht separat aufgefangen, sondern zusammen mit ständig anfallendem Abwasser aus dem Chempark (1000 cbm/h!) vermischt in Stapeltanks geleitet wurden. Diese Stapeltanks dienen laut Currenta dem „Konzentrations- und Mengenausgleich des Abwasserstromes“ (Firmenbroschüre), sind also Bestandteil der Kläranlage. Es waren also keine separaten Tanks nur für anfallendes Löschwasser vorgesehen. Dieses ist als Abfall zu bewerten und separat zu behandeln. Das Einleiten in den Kläranlagenkreislauf, zumal wenn fluorierte Schaummittel verwendet wurden, muss unbedingt vermieden werden.
Entsprechende Erfahrungen und Verkündung von Konsequenzen lagen und liegen vor.  

3. Ab dem 28.7.21, 22 Uhr wurde in 4 Teilschritten insgesamt 9500 cbm Ereigniswasser (plus Aktivkohle) in die Kläranlage eingeleitet. Dies wurde von Currenta mit einer „akuten Notlage“ gegenüber der Bez. Reg Köln begründet und dort so akzeptiert. Currenta teilte auf WDR-Anfrage am 17.12.21 mit: „Andernfalls hätte die Gefahr bestanden, dass weiter zulaufende kontaminierte Abwässer unmittelbar in die Kläranlage gelangt wären. Dies hätte deren Funktion zulasten der Umwelt massiv beeinträchtigen können. Dies musste verhindert werden“.  Laut Aussage der Umweltministerin im Umweltausschuss des NRW Landtages (AUNLV) bestand die Sorge, weiteres Ereigniswasser könnte nachlaufen (Kanalblase evtl. undicht) und es könnte wieder „Starkregen“ geben, daher würde Platz gebraucht.
Die Wetterdaten für den besagten Zeitraum (siehe DWD-Daten Köln-Bonn) zeigen allerdings nur sehr geringe Niederschläge (siehe Niederschlag in mm vom 10.7. – 5.8.2021, entnommen aus  https://www.wetterzentrale.de/de/weatherdata_de.php

Die „Notlage“ bestand nach unserer Einschätzung v.a. darin, dass kein Volumen mehr für die Aufnahme des ständigen Abwasserstromes aus dem Chempark vorhanden war. Dies sehen wir als weiteren Beleg dafür, dass die Löschwasserkonzeption für die SMVA Leverkusen Bürrig (falls überhaupt vorhanden) völlig unzureichend ist und letztlich nur auf der zeitweisen Rückhaltung in den Stapeltanks, die Teil der Kläranlage sind, basierte. Daher war die behauptete Notlage am 28.7. letztlich Folge einer völlig unzureichenden Konzeption und es muss geklärt werden wer hierfür letztlich verantwortlich ist: Fa. Currenta, die Genehmigungsbehörde oder beide und/oder die bestehende Gesetzeslage?

4. Currenta und die beteiligten Behörden (Bez. Reg Köln, LANUV, MULNV) verkündeten mehrfach, dass die Einleitungswerte der Kläranlage und Schwellenwerte im Rhein durch die Einleitung des „Ereigniswassers“ nicht überschritten wurden. Daher sei kein Rheinalarm ausgelöst worden und auch eine weitergehende Information, insbesondere der niederländischen Seite über mögliche Belastungen nicht erfolgt. Hierzu wurde auf Analysen und sogenannte Mischungsberechnungen (Verdünnung durch den Rhein) des LANUV verwiesen. Die Beprobungen des Kläranlagenablaufs in Form von Stichproben erfolgten ab dem 28.7., - Analysenergebnisse lagen daher frühestens und nicht unbedingt vollständig ab dem 30.7. vor. Außerdem dauert der Aufenthalt des behandelten Wassers in dieser Kläranlage ca. 2 Tage.
Dies bedeutet, dass während (28.7. bis 30.7.) der Einleitung der 9500 cbm „Ereigniswasser“ keinerlei Erkenntnisse vorlagen, welche Konzentrationen und welche Schadstoffe nach Passage der Kläranlage zu erwarten wären. Auch war unklar, ob die Analyse alle Schadstoffe würde erfassen können.
Am 31.7.21 lagen wohl erste Ergebnisse des Ablaufes, auch zu Clothianidin vor (120 µg/l), die in der Folge, mind. bis zum 5. August, auf dieser Höhe blieben.  Über diese Ergebnisse wurde die IKSR bzw. IWAP-Station R6 (Bezirksregierung Düsseldorf) und damit auch die Niederlande nicht informiert.  
Dies wird von NGO Seite (BUND NRW e.V.) als klarer Verstoß gegen die Regeln des IWAP gesehen, die u.a. folgendes beinhalten:
„Darüber hinaus sind im Rahmen des IWAP besondere Ereignisse ohne Auswirkungen auf den Rhein und seine Nutzungen, die jedoch im Hinblick auf eine befürchtete mögliche Gewässerverschmutzung des Rheins tatsächlich oder möglicherweise eine überregionale Reaktion der Medien oder der Öffentlichkeit hervorrufen, als Information zu übermitteln“ siehe hierzu IKSR Bericht Nr. 256“

Ergänzung und Verweis auf das Video:
Die Medien berichten derzeit über die hohe Abwassermenge und die Menge an Schadstoffen die auf Grund eher ungenügender Reinigung von Currenta in den Rhein abgelassen wird, z.B. der Leverkusener Anzeiger am 8.2.2022.  
Genau das war bei der Sendung „Könnes kämpft“ im WDR bereits am 20.8.2020 Thema, es lohnt sich die interessante Sendung anzuschauen.

Vielen Dank und herzliche Grüße

Paul Kröfges
 

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