Der Inhaber der Aggerkraftwerke GmbH & Co.KG, Christian Auer, kam im März diesen Jahres in dem Welt-Artikel "Wenn Umweltschützer gegen Wasserkraft zu Felde ziehen" zu Wort und pries den Nutzen seiner Anlagen. Der Nutzen sei relevant: "Unsere sieben Anlagen ... haben eine Stromerzeugungskapazität von drei neuen Windrädern, und im Unterschied zur Windkraft und Fotovoltaik ist Strom aus Wasserkraft Grundlast."
Die Aggerkraftwerke betreiben an der Agger sechs Wasserkraftanlage in Engelskirchen und eine in der Wiehl in Reichshof (Biebersteiner Stauanlage). Die elektrische, das heißt installierte Leistung dieser Anlagen wird von Auer mit insgesamt 4,5 Megawatt angegeben. Zu der Jahresarbeit (MWh/a), also dem, was an Strom erzeugt wird, wird in dem Artikel nichts gesagt. Allerdings legt der Hinweis auf die drei neuen Windkraftanlagen nahe, dass sehr viel Strom verloren ginge, wenn die Anlagen zurückgebaut und die Agger sich wieder zu einem natürlichen, freifließenden Fluss entwickeln würde.
Nimmt man die offiziellen Zahlen über die 2022 in Deutschland neu installierte Leistung von 2403 Megawatt und dividiert man diese Leistung durch die 551 neu gebauten Windkraftanlagen an Land, dann kommt man pro Anlage auf ein durchschnittliche installierte Leistung von 4,36 MW. Also nicht drei, sondern etwa eine moderne Anlage entspricht der installierten Leistung der sieben Wasserkraftanlagen der Aggerkraftwerke GmbH & Co.KG.
Nun kann man weder bei Wasserkraftanlagen noch bei Windkraftanlagen direkt von der installierten Leistung auf die Jahresarbeit, die Stromproduktion, schließen. Bei der Windkraftanlage macht der Standort den großen Unterschied. Die Windhäufigkeit ist regional höchst unterschiedlich. Bei den Wasserkraftanlagen kommt es naturgemäß darauf an, wie viel Wasser im Fluss ist. Während der Sommermonate standen die Anlagen an der Agger in der Regel still, weil die Turbinen erst ab einer bestimmten Wassermenge überhaupt laufen konnten. Die Lage hat sich insofern geändert, als die Aggerkraftwerke in den seit 2013 schrittweise erworbenen Anlagen teilweise neue Turbinen und Steuerungsanlagen eingebaut haben, die auch bei niedrigem Wasserstand die Wasserkraft nutzen können. Insofern wird sich der Ertrag erhöht haben. Allerdings ist diese "Grundlast" nicht mit der Grundlast von Kohle- oder Gaskraftwerken zu vergleichen, die konstant mit hoher Leistung laufen.
Die Fachbehörde der NRW-Landesregierung, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), hat 2017 die "Potentialstudie Erneuerbare Energien NRW Teil 5 Wasserkraft" herausgegeben in der flächendeckend gemeindescharf die installierten Leistungen und die durchschnittliche Jahresarbeit der Wasserkraftanlagen angegeben sind. Für Engelskirchen beträgt die Jahresarbeit der sechs Anlagen 7795 MWh/a. In der LANUV- Studie verbraucht der der statistische Musterhaushalt 3107 Kilowattstunden pro Jahr. Hiernach würden also etwa 2500 Haushalte durch die sechs Wasserkraftanlagen in Engelskirchen versorgt.
Die Zahlen sind Durchschnittszahlen, also über mehrere Jahre erhoben, aus dem Jahr 2015. Inzwischen wurden ,wie gesagt, teilweise neue Turbinen und Steuerungsanlagen installiert. Welche quantitative Auswirkung dies hat, ist dem Wassernetz NRW unbekannt.
Was bleibt, ist die Feststellung, dass 2500, oder vielleicht 3000 Haushalte mit regenerativem Strom versorgt werden. 2500 oder vielleicht 3000 Haushalte sind 2500 oder 3000 Haushalte, auch wenn man feststellen kann, dass diese Haushalte durch regenerativen Strom aus Wind oder Sonne effektiver versorgt werden könnten. Der Preis für diesen Ertrag an der Agger wäre aber einfach zu hoch: die fortgesetzte Zerstörung der Flussökologie, die an anderer Stelle im Aggerbrief beschrieben wurde, die mögliche CO2- Speicherung der neuen und potentiell noch entstehenden Auen und der Verzicht auf mögliche Retentionsräumen bei Renaturierung der Stauanlagen. Die gegenwärtige Zerstörung des Flusses durch die langen Rückstaubereiche ist auch durch technische Wanderhilfen für Fische nicht erträglicher zu machen. Die natürliche Flusslandschaft , die sich in Ohl-Grünscheid nach der Niederlegung des Staus in 2019 gebildet hat, wäre verloren. Die Durchgängigkeitshilfen würden Millionen von Euro kosten und brächten gegenüber dem jetzigen Zustand der Stauanlagen nicht viel. Die Orientierung der Nationalen Wasserstrategie auch auf den Rückbau der Kleinen Wasserkraft bei Entschädigung der Eigentümer ist im Falle der Aggerkraftwerke genau das Richtige. Diese Argumentation richtet sich nicht generell gegen die Nutzung der Wasserkraft im Aggereinzugsgebiet. Die Modernisierung der Wasserkraftanlagen an der Agger-, der Genkel-, und der Wiehltalsperre. sind ausdrücklich zu begrüßen.