Noch am 17.12.2024 hatte das Umweltministerium in einem Brief an die BUND NRW Regionalgruppe Köln versichert:
"Der erneute Anstau der Stauanlage Ohl-Grünscheid darf erst erfolgen, wenn die sicherheitsrelevanten Nachweise der vertieften Überprüfung vollständig geprüft vorliegen sowie gewässerökologische und naturschutzfachliche Anforderungen bezüglich des Wiedereinstaus in einem Verfahren geprüft sind." Damit wurde auch das Versprechen der vormaligen Umweltministerin U. Heinen-Esser von 2021 bestätigt, vor Abschluss der vertieften Überprüfung nicht wieder anzustauen. Jetzt wurde ohne Abschluss der vertieften Überprüfung und ohne öffentliche Ankündigung wieder angestaut. Besorgte Bürger*innen riefen bei uns an und fragten, ob da alles mit rechten Dingen zuginge. Auch wir wussten von nichts. Das rief berechtigte Kritik an den Umgangsformen der Verantwortlichen hervor.
Neben Naturschützern und Anglern vor Ort hatten sich auch deren Landesverbände im Herbst 2023 an Umweltminister Oliver Krischer gewendet und ihn gebeten, sich für den Erhalt der wertvollen Aue einzusetzen. Nicht der Minister selbst, sondern der zuständige Referatsleiter meldete sich nach über einem Jahr. Aus dem Schreiben ging hervor, dass der Minister keine Anstrengungen zur Rettung der Engelskirchener Aue unternehmen will. (Siehe Aggerbrief vom 13. Januar dieses Jahres.)
Anfang dieses Jahres gab es dann ein Gespräch zwischen dem Ministerium und der Bezirksregierung Köln mit dem Ergebnis, das bisherige Versprechen der Landesregierungen, kein Wiederanstau vor Abschluss der Vertieften Überprüfung der gesamten Anlage zuzulassen, zu kassieren. Hintergrund war wohl die Befürchtung, dass der Betreiber vor Gericht vorbringen könnte, dass das marode Wehr erneuert worden sei und die vertiefte Überprüfung auch bei unzähligen anderen Stauanlagen, wie auch den übrigen Aggerstauanlagen, nicht abgeschlossen worden sei. Dies habe bei diesen Anlagen nicht dazu geführt, dass der Betrieb untersagt worden sei.
Die vertiefte Überprüfung für die Sicherheit der gesamten Anlagen im Regierungsbezirk Köln wurde 2016 mit Fristsetzung von 2 Jahren von den Betreibern angefordert. Seit ca. 9 Jahren wurde also die vertiefte Überprüfung nicht fertiggestellt. Die Bezirksregierung äußerte uns gegenüber die Hoffnung, dass nunmehr bis Ende diesen Jahres der fehlende Teilbereich, die hydrologische Überprüfung, fertiggestellt wird und damit die gesamte vertiefte Überprüfung abgeschlossen werden könne. Solche Hoffnungen seitens der Bezirksregierung Köln gab es schon viele. Das heißt, bis auf weiteres ist nicht klar, was hier an der Agger im Falle von Hochwässern wie 2021 an der Ahr und der Erft passieren würde.
Wir Naturschützer und Angler, die für eine freifließende Agger und die Wiederherstellung des natürlichen Lebensraums eintreten, fordern Minister Krischer auf, unmittelbar Ernst zu machen mit der Ankündigung, die schon 2012 gegenüber den Wasserkraftbetreibern an der Agger gemacht wurde, nämlich die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes einzufordern: die Mindestwasserführung, die Durchgängigkeit für Organismen und Sedimente (Geschiebe) und den Fischschutz. Da dies Millionen kosten würde und in keinem Verhältnis zum Ertrag der Anlagen stünde, ist die einzige sinnvolle und realistische Perspektive, die Anlagen zurückzubauen und die Agger zu renaturieren.
Die bisherigen Landesregierungen haben versäumt, sich ernsthaft mit der Problematik zu beschäftigen und ein "kohärentes Gesamtkonzept" für die Agger zu entwickeln, wie es das Bundesverwaltungsgericht 2017 im sogenannten Weserurteil gefordert hat. Es galt bei den NRW-Landesregierungen das Motto: so lange noch jemand bereit ist, an der Agger zu investieren, brauchen wir uns darum nicht zu kümmern. Dass hier ein europäischer Vertrag, die EU- Wasserrahmenrichtlinie gebrochen wird, nahm man bis heute in Kauf. Deshalb auch hat der BUND Landesverband NRW in seiner Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen wegen des gesetzeswidrigen Bewirtschaftungsplans die furchtbaren Zustände an der Agger hervorgehoben.
Im Raume steht, dass der Umweltminister für die Agger sich auf den § 30 WHG (Abweichende Bewirtschaftungsziele) stützen wird und weniger strenge Bewirtschaftungsziele festlegt. Dazu müsste man allerdings behaupten, dass die Erreichung eines guten Zustands des Lebensraums Agger unmöglich ist oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden wäre und man nicht den Strom durch andere Maßnahmen, die wesentlich geringere nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hätten, erreichen könnte. Das wäre ein beispielloses Vorgehen und muss mit aller Macht verhindert werden. Stattdessen erwarten wir von dem Minister, dass er endlich die gesetzlichen Vorgaben für den Lebensraum Agger durchsetzt.
Friedrich Meyer

