Regionalgruppe Köln

Bericht zur Aggerverbandsversammlung

25. Januar 2021 | Agger, BUND, Flüsse & Gewässer

Die erste Sitzung des Jahres fand digital statt und behandelte verschiedenste Themen.

Screenshot des Chatverlauf zur Aggerverbandsversammlung. Screenshot des Chatverlauf zur Aggerverbandsversammlung.

Nach monatelangen öffentlichen Debatten über eine Reihe von Problemen – Stichworte u.a.: multiresistente Keime, Mindestwasser für das alte Aggerbett in Eeshoven, Legionellen, Niederlegung des Staus Ohl-Grünscheid wegen Gefahr im Verzuge, Wiederinbetriebnahme der Wasserkraftanlage (WKA) Osberghausen – verlief die Verbandsversammlung am 25. Januar 2021 angemessen spannend.
Da diese Pandemie-bedingt digital stattfand, war eine direkte Wortmeldung nicht möglich, aber die Delegierten und so auch Paul Kröfges als "beratendes Mitglied für die Naturschutzverbände in NRW" konnten über die Chatfunktion Wortbeiträge und Fragen einstellen, die dann größtenteils auch verlesen und behandelt wurden.

Kröfges machte von dieser Möglichkeit reichlich Gebrauch und brachte in der vierstündigen Versammlung 19 Kommentare und Fragen in den Chat ein, die die Verbandsspitzen sichtlich in Schwierigkeiten brachten. Bereits im November 2020 hatte er Anträge zu diesen Themen eingereicht, auf die dann Aggerverbandsvorstand Prof. Scheuer in seinem Vorstandsbericht mehr oder weniger zufriedenstellend einging. 
Thema Legionellen: Fakt ist, dass der Aggerverband über Jahre hinweg das Auftreten von gefährlichen Legionellen in zeitweise extrem hohen Konzentrationen im Auslauf der Kläranlage Weiershagen als geheime Kommandosache behandelt hat, um "die Öffentlichkeit nicht unnötig zu beunruhigen", so Prof. Scheuer. Erst durch die gezielte Nachfrage von Kröfges wurde dieser Sachverhalt und auch das Auftreten dieser Bakterien im Stauweiher Wiehlmünden bekannt, der sich unmittelbar an die Einleitungsstelle der Kläranlage anschließt. Die Legionellen können sich bei höheren Temperaturen auch hier vermehren, dann beim Absturz des Wassers über das Wehr der dortigen Wasserkraftanlage über Aerosole in der Umgebung verteilt werden und Spaziergänger, aber auch in der Nähe wohnende Menschen gefährden.
Auch der WDR berichtete hierzu (WDR Lokalzeit: 09.11.2020 Legionellen in der Agger). Aktuell geht der Aggerverband davon aus, dass die erst im September 2020 – nach den unangenehmen Nachfragen - eingebaute UV-Desinfektionsanlage beim Verursacher, einer Brauerei in Bielstein, das Problem lösen wird. Wir bleiben dran.    

Nichts Neues gab es zum Auftreten von Antibiotikaresistenten Bakterien in der Agger hinter dem Zulauf der Kläranlage Ehreshoven, wie dies Untersuchungen des BUND 2018 nachgewiesen hatten. Das Untersuchungsprogramm des Landes, an dem sich der Aggerverband beteiligt, zieht sich Corona-bedingt hin, erst im Laufe dieses Jahres ist mit Ergebnissen zu rechnen – wir sind gespannt.
Richtig sauer ist Kröfges über den restriktiven Umgang des Verbandes mit dem Thema "Mindestwasserabgabe" an Ehreshoven I. Der Verband ist zum einen nicht bereit, die für die Gewässerlebewelt in diesem Abschnitt erforderliche Mindestwassermenge fachlich feststellen zu lassen, er überlässt das der Bezirksregierung, die sich nach unserem Eindruck erst recht nicht ausreichend darum kümmert. Dazu an anderer Stelle mehr. Zum anderen bleibt unklar, ob und wann die vom Aggerverband zu zahlende Entschädigung von ca. 45.000 Euro für die Abgabe von lediglich 500 l/sec in das natürliche Flussbett zugunsten einer ausreichenden, dauerhaften und entschädigungsfreien Mindestwassermenge entfällt.
Klare Botschaft des Vertreters der Naturschutzverbände: Auch hier wäre die ökologisch mit Abstand beste Lösung der Rückbau der monströsen, monatelang stillstehenden Anlage – (siehe Bild unten)

Weiteres wichtiges Thema aus Sicht des Natur- und Gewässerschutzes bleibt die Planung des Aggerverbandes an Stauweiher und WKA Osberghausen, die Verbandsvorstand Prof. Scheuer zu erklären versuchte.

Wie berichtet, war die neue Genehmigung von 2016 mit der Auflage verbunden, eine Fischtreppe zu bauen, wobei die erste Planung, wie in der Genehmigung hierzu ausgeführt wird (!) nicht funktioniert und Fische massenhaft geschädigt hätte. Nachdem Recherchen des Wassernetz-Vertreters Friedrich Meyer dies aufgedeckt und hierzu auch der WDR berichtet hatte (WDR Lokalzeit: 14.12.2020 Agger in Osberghausen), wurde aufwändig umgeplant. Schon vorher stiegen die Kosten von 0,4 auf 1,2 Mio. Euro, weitere Steigerungen sind absehbar und mindestens die Hälfte der Gesamtkosten wird der zuschussgebende Steuerzahler tragen müssen.

Der Clou hierbei: Auch diese teure Planung wird nicht funktionieren – so die eindeutige Aussage des Sachverständigen, Dr. Olaf Niepagenkemper vom Landesfischereiverband NRW in einem Schreiben an den Aggerverband (Zitat):
"Zu meinem großen Bedauern ist an diesem Standort ein Fischweg in der Ausleitungsstrecke geplant und nicht am Krafthaus, dort wo die höchste Wassermenge bzw. Strömung vorherrscht. Somit ist es nicht möglich, die Durchgängigkeit so herzustellen, wie es aus meiner Sicht fischereiökologisch notwendig wäre, auch nicht unter Nutzung einer elektrifizierten Barriere im Turbinenausstrom. Denn der Weg stromab, der zweifelsfrei für eine Durchgängigkeit von gleicher Bedeutung ist, wie der Weg stromauf, wird bei den Planungen nicht ausreichend berücksichtigt."
Ganz im Sinne des Naturschutzes an der Agger führt der Experte weiter aus:
"Es ist sehr bedauerlich, dass die Entwicklung naturnaher Gewässer zu Lasten von Interessen Einzelner geopfert wird …unter dem Aspekt des zu vermutenden, zunehmend geringen Wasserdargebotes und der geringen Energieausbeute der Kleinwasserkraftanlage in Osberghausen wäre die beste Alternative für die Ökologie der Agger die Aufgabe der Wasserkraft und die Entwicklung eines frei fließenden Flusses."
Der vollständige Brief des Fischereiverbandes.

Vor allem bei diesem Thema wirkte der Verbandsvorstand wenig souverän und weigerte sich, dieses Schreiben den Delegierten zur Kenntnis zu geben. In der Folge rief der Vertreter des Naturschutzes dazu auf, den Wirtschaftsplan 2021 wegen dieser verfehlten Planung abzulehnen. Normalerweise eine einstimmige Routineangelegenheit, enthielten sich diesmal sieben Delegierte, ein Hinweis darauf, dass diese Planung doch gewisse Bauchschmerzen verursacht.  
Je offensichtlicher die Probleme an allen maroden, undurchlässigen und gewässerfeindlichen Anlagen in Engelskirchen werden, umso vehementer tritt der Naturschutz für eine freifließende Obere Agger bis zur Aggertalsperre inklusive der Wiehl ein.
Wie das Ergebnis aussehen würde, zeigt die zwangsweise Niederlegung des Stauteiches von Ohl-Grünscheid auf Grund der defekten Wehrklappe.
Hier ist nach nur einem Hochwasser im Nullkommanix eine hochwertige natürliche Flusslandschaft entstanden – siehe Bild -, für deren Wiederherstellung durch geplante Flussrenaturierungen an anderen Stellen Millionenbeträge an Steuergeldern aufgebracht werden müssen.

Da befürchtet werden muss, dass dieser Zustand durch den Wasserkraftbetreiber in naher Zukunft wieder zerstört wird, richtete Kröfges zum Schluss einen Appell an Aggerverband und die Verbandsversammlung, sich für die Erhaltung und die Wiedergewinnung einer lebendigen Flusslandschaft einzusetzen, zumal der Verband an anderer Stellen der Agger durchaus vorbildlich zeigt, wie es geht und wie es gemacht wird.    

Unter Verweis auf den Chat der Versammlung (Auszug) bieten wir an, bei Bedarf zu den anderen angesprochenen Themen zu informieren. Auch auf den Vorstandsbericht, werden wir aus gegebenem Anlass noch an dieser Stelle eingehen.

Kontakt
Paul Kröfges, Tel.: 0173 2794489, paul.kroefges(at)bund.net

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